Der Gildenpark in Dortmund:
über 100 aktive Mitglieder
69 Gärten
24.000 m² Fläche
Es war die Blütezeit der Kleingärten, als am 22. August 1923 der Gildenpark gegründet wurde, unter den Namen “ Schrebergartenverein Krückenweg“.
Seine Anlage am Rande des Kreuzviertels sollte die siebte dieser Art in Dortmund sein.
Das Gründungsjahr war geprägt von der französisch-belgischen Besatzung des Ruhrgebietes.
Die Ernährungslage im Ruhrgebiet war katastrophal. Im Laufe des Jahres erreichte die Inflation im Deutschen Reich ihren Höhepunkt.
Eine Tonne Kohlen z. B. kostete im November 1923 13 Billionen Mark.
Den Magen zu füllen und dabei durch Eigenbau Geld zu sparen, waren die vorrangigen Ziele unserer Vorväter.
Heute ist die Eigenversorgung mehr in den Hintergrund getreten. Im Vordergrund stehen vielmehr die Erholung in der Nähe des Wohnortes und der Natur in der eigenen Parzelle.
Die Kleingartenanlage am Gildenpark war also eine willkommene grüne Oase in dieser Phase der Verstädterung. Auch sie wurde auf altem Grabenland gegründet, eingerahmt von einer alten Ziegelei im Westen sowie der Gildenbrauerei und einem kleinen Wäldchen im Osten. Ein Bahndamm, über den die Loren zur Ziegelei rollten, führte damals noch geradewegs durch die Anlage. 98 Gärten wurden zunächst angelegt, von denen mehr als 20 später abgegeben werden mussten. Die Parzellen wurden Ende der 20er Jahre, inzwischen hieß die Anlage seit 1924 „Gartenbauverein zum Gildenpark“, für den Bau der damaligen Pädagogischen Hochschule und des Versorgungsamtes geopfert. Dem Vereinsleben tat dies keinen Abbruch: 1928 wurde das erste Vereinsheim, eine Holzlaube eingerichtet. es war ein Überbleibsel der großen Landwirtschaftsschau, die 1928 auf dem späteren Kasernengelände an der B1 stattfand. Nach deren Ende konnten sich die Gartenfreunde das Holzhaus abholen, das sie am Gildenpark-Wäldchen neben ihren Gärten wieder aufbauten. Es bot zwei jeweils fünf mal fünf Meter große Räume, die von einem überdachten Mittelstück getrennt waren. Hier war nicht nur Platz für Versammlungen, sondern auch für geselliges Beisammensein oder Schulungen.
Als 1929 nach den Eingemeindungen u.a. von Hörde und Mengede der >>Kleingärtnerverband Dortmund<< gegründet wurde, war Dortmunds Stadtinspektor Karl Heller vom Gartenbauverein Gildenpark der erste Vorsitzende. 1931 schloss er im Auftrag des Verbandes mit der Stadt den ersten Generalpachtvertrag ab. Der Verein selbst wurde 1934 erneut umbenannt und erhielt nun den Namen „Zum Gildenpark e. V.“ im Reichsbund. Zugleich brachen für die Gartenfreunde schwere Zeiten an. Das Dritte Reich beeinflusste auch das Leben der Kleingarten-Vereine. Die Kleingärtner versuchten verbissen, ihre Organisation gegen die Machteinflüsse des Nationalsozialismus zu verteidigen, was nur zum Teil gelang. Die Arbeiten des Vereins wurden stark eingeschränkt. Die SA konfiszierte beispielsweise auch das Vereinsheim.
Eine ganz besondere Rolle spielten die Gärten wiederum in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. So manche Laube wurde zum Versteck oder zur Notunterkunft, fast die komplette Gartenfläche der Parzellen zum Nutzgarten, um in der Notzeit die Selbstversorgung zu sichern. Vor allem Kohl und Tabak wurde angebaut. Nachtwachen mussten organisiert werden, um Diebe abzuhalten. Viele Opfer waren durch die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs zu beklagen, auch die Unterlagen aus der Gründerzeit des Vereins wurden vernichtet. Die Geschichtsschreibung über diese Zeit ist deshalb notgedrungen nur lückenhaft möglich. Wohl nie war der eigene Garten so wertvoll wie in Notzeiten nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Gleich nachdem die letzten Bomben gefallen waren, machten sich auch die Gildenpark-Gärtnerinnen und –Gärtner an den Wiederaufbau ihrer Anlage. Was zum Teil mit großen Schwierigkeiten verbunden ist: Eine ganze Reihe von Gärten kann in Folge von Bombentreffern nicht bestellt werden. Für 14 Gärten erbittet der Vorstand deshalb den kompletten oder teilweisen Erlass der Jahrespacht für 1945/46. Immerhin zwei Gärten gelten als komplett zerstört, acht weitere sind zu mehr als zur Hälfte nicht mehr nutzbar.
Schon am 21. Oktober 1945 war in einer Generalversammlung der Vorstand des Vereins neu gewählt worden. Erster Vorsitzender ist Karl Heller, sein Stellvertreter A. Bathe. Das Amt des Schriftführers übernimmt Wilhelm Kortmann, das des Kassierers Josef Huth. Die Gartenfreunde Höfer, Pleuger und Loer sind Beisitzer. Sie alle stehen vor der schweren Aufgabe, das Vereins- und Gartenleben neu zu organisieren. Saatgut muss gemeinsam über das Ernährungsamt beschafft werden. Zur Finanzierung des Wiederaufbaus der Anlage wird eine einmalige Umlage von 5 Mark pro Garten gefordert. Zugleich müssen Regelungen gefunden werden, wie mit Gärten verfahren wird, deren Besitzer noch in Kriegsgefangenschaft sind. Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, soll ein Bewirtschafter eingesetzt werden, lautet die salomonische Lösung.
Aus einer vom neuen ersten Vorsitzenden Anton Brand unterzeichneten Aufstellung für den Landesverband der Kleingärtner geht hervor, das der Verein Ende 1947 88 Mitglieder zählt, davon 12 Arbeiter, 10 Angestellte, 7 Beamte und Selbständige, sowie 43 Rentner oder Pensionäre. Sie zahlen einen Pachtpreis von 53,61 RM pro Morgen und Jahr und bewirtschaften insgesamt eine Pachtfläche von 2,3109 Hektar. Neben mehreren hundert Obstbäumen werden in der Anlage auch zwei Weinstöcke, mehrere Bienenstöcke, acht Hühner und 18 Kaninchen gezählt.
Anfang der 50er Jahre können die Gartenfreunde schließlich ein neues Vereinsheim bauen. Der Flachbau wird schnell wieder zum Mittelpunkt des geselligen Lebens in der Anlage, ob Versammlungen, den Treffen der Frauengruppe oder zum sonntäglichen Frühschoppen. In der Folge der Zeit werden hier alljährlich das Kinder- und Sommerfest, die Nikolausfeier, Karneval, Tanz in den Mai und das Erntedankfest gefeiert. Auf einer Tafel im Vereinsheim sind die Namen aller Erntekönigspaare verzeichnet. Seit mehr als 30 Jahren probt hier wöchentlich die weit über Dortmund hinaus bekannte Gesangsgruppe „Die Gildenspießer“.
Aber auch die Arbeit ist seit diesem grundlegenden Wiederaufbau nicht abgerissen:
1978/79 werden 71 Gärten mit Stromanschlüssen versorgt. Wasser war bereits vorhanden. Dazu verlegt man in Eigenarbeit 3.300 Meter Stromkabel. Zeitgleich werden der Küchen- und Toilettenbereich des Vereinsheims umgebaut, das ein Jahr später auch neue Fenster, neue Möbel und ein Vordach erhält.
Anfang der 80er Jahre wird rechtzeitig vor den Feiern zum 60jährigen Bestehen des Vereins mit Unterstützung der Stadt und des Stadtverbandes das Wegenetz komplett erneuert. In 4.900 Arbeitsstunden werden mehr als 6.000 Randsteine neu gesetzt, 750 Tonnen Schotter eingebaut und 210 Tonnen Bitumenbelag aufgetragen.
Darüber hinaus entsteht ein Kinderspielplatz mit Schaukel und Tischtennisplatte. Der Lohn für all diese Mühen ist neben einer schöneren Gartenanlage u.a. der 3. Platz in der Altersklasse beim Anlagenwettbewerb der Stadt und des Stadtverbandes der Kleingärtner um den „Goldenen Gemeinschaftsspaten 1982.
Zu den größten Gemeinschaftsanstrengungen gehört die Total-Renovierung und der Umbau des Vereinsheims von Februar bis April 1986. Schon 1985 war eine neue Heizungsanlage installiert worden. Ursprünglich wurde das Vereinsheim mit einem Ofen beheizt, der aber soviel Sauerstoff zog, dass bisweilen angezündete Kerzen ausgingen. Doch auch nach dem Heizungsneubau ist der Energieverbrauch in dem Flachbau enorm. Deshalb entschließen sich die Vereinsmitglieder, ein Walmdach mit Kunststoffschiefer zu bauen. Am 16. Februar 1986 beginnen die Arbeiten. Zunächst wird das alte Flachdach abgedeckt, die Mauern um 60 Zentimeter erhöht dann ein neuer Dachstuhl aufgesetzt. Am 12. März kann bereits das Richtfest gefeiert werden. Im großen Aufenthaltsraum wird eine Holzdecke eingezogen, die Beleuchtung neu installiert. Nicht selten muss improvisiert werden.
Übereinander gestapelte leere Bierkästen halten als Gerüst her. Auch der strenge Winter sorgt immer wieder für Probleme. Am 25. April ist der Wiederaufbau dann komplett und der Einzug ins „neue“ Vereinsheim kann gebührend gefeiert werden. 2.350 Arbeitsstunden haben die Gartenfreunde dafür geleistet, knapp 70.000 Mark investiert.
Danach darf erst einmal gefeiert werden: der TAG DES GARTENS mit Hobbybasar und Kindertrödelmarkt rund um das Vereinsheim wird zur festen Einrichtung. Dazu gibt es die traditionellen Sommer- und Erntedankfeste, die immer auch ein großes Nachbarschaftsfest mit den Anwohnern des Kreuzviertels sind.
Kräftig in die Hände gespuckt wird, außerhalb der fast alltäglichen Gartenarbeit, erneut im Frühjahr 1996, genauer gesagt am 2. März 1996. In mehr als 950 freiwilligen Arbeitsstunden wird der Spielplatz der Anlage für 20.600 Mark, zum Teil mit Hilfe von Sponsoren, neu gestaltet. Der Sandkasten bekommt einen neuen Platz. Ein Spielturm wird zum neuen Mittelpunkt. Zugleich erhält die Anlage ihr neues Wahrzeichen: Den fest installierten acht Meter hohen Maibaum, der mit sechs Symbolen, entworfen von Gartenfreund Norbert Schnatmann, geschmückt ist. Sie zeigen einen Bierbrauer für die Bierstadt, einen Bergsäger für den Bergbau, einen Eisenhütter aus der Eisen- und Stahlindustrie, eine Gärtnerin für das Dortmunder Grün, einen Zeitungsträger der Tremonia, der Vorgängerzeitung der Ruhr Nachrichten, für die Medienstadt und einen „Pohlbürger als Vertreter der Dortmunder Bürgerschaft. Am 1. Mai 1996 werden Spielplatz und Maibaum feierlich mit einem Maifest eingeweiht. Das Aufrichten des Maibaums soll nun alljährlich zu einem Traditionellen Ereignis werden verbunden mit dem Jazz-Frühschoppen, der 1997 mit „Lutzemanns Jazz-Kapelle“ seine Premiere erlebte. Die Gildenspießer stimmen alljährlich unter dem festlich geschmückten Baum zum traditionellen Maisingen an.
Im gleichen Jahr werden die Bemühungen zur weiteren Verschönerung der Anlage mit dem zweiten Platz im Bezirk Süd-West beim Anlagenwettbewerb des Stadtverbandes um den „Goldenen Spaten“ belohnt. Ferner erhielt der Verein einen Sonderpreis für vorbildliche Spielplatzgestaltung.
1988 ist nun das Fest zum 75jährigen Bestehen am 22. August der absolute Höhepunkt des Gartenjahres. Anlässlich des 75jährigen Bestehens ließ der Vorstand zwei formschöne, in 6 Farben gestaltete Kaffeetassen in einer limitierten Auflage produzieren. Der Gestalter der Tassen, Norbert Schnatmann, nimmt in seiner Darstellung Bezug auf das Jubiläumsjahr des Gildenparks. Eine der Tassen zeigt den Baum des Jahres 1998, „Die Wildbirne“, die zweite Tasse wird geprägt durch den Vogel des Jahres 1998 „die Feldlerche“.